Expansion ins Ausland - welche Fehler gilt es zu vermeiden
- AWANTGARDE
- 15. Juni 2024
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 19. März
Statistiken zeigen, dass fast 60 % der Unternehmen bei der Internationalisierung scheitern. Ein wesentlicher Faktor ist, dass die meisten Unternehmen die Gegebenheiten des Ziellandes zum Zeitpunkt der Internationalisierung nicht kennen und nicht berücksichtigen. In der Regel wird lediglich eine einfache Übersetzung des Produktkatalogs oder der Unternehmenspräsentation angefertigt, eventuell wird auch die Website in Englisch erstellt. Dies ist jedoch nicht ausreichend, um die erwarteten Ergebnisse zu erzielen.
Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) kann die Expansion ins Ausland eine interessante strategische Wachstumsperspektive darstellen, wobei zu beachten ist, dass dies kein Selbstflieger ist. Auch wenn die Möglichkeiten durch die Digitalisierung und die Entwicklung grenzüberschreitender Infrastrukturen grenzenlos erscheinen, so hat doch jedes Zielland seine eigenen geografischen, wirtschaftlichen und kulturellen Besonderheiten. Die Nichtbeachtung dieser Faktoren kann die Überwindung von Markteintrittsbarrieren erschweren und das Auslandsprojekt anfällig für Schwankungen machen. Dies wiederum kann schnell zu einem Image- und Vertrauensverlust bei Kunden und Geschäftspartnern führen.
Prioritäten richtig setzen – des Lebens größte Kunst. Stefan Rogal
Dieser Beitrag zeigt die vier zentralen Fehler (Fragen), die Unternehmen bei der Expansion ins Ausland begehen, und beschreibt die Massnahmen, die für einen erfolgreichen Start hilfreich sind - am Beispiel des Ziellands Spanien.

Wurde vor der Expansion ins Ausland eine Situationsanalyse durchgeführt?
Jedes Unternehmen verfügt über eine einzigartige Ausgangsposition, von der aus eine Expansion gestartet werden kann. Dabei kann es sich beispielsweise um die Umsetzung einer im Heimatmarkt etablierten Geschäftsidee in anderen Ländern oder um die Erschließung einer vielversprechenden Kooperationsmöglichkeit handeln.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass allein der Wunsch, ins Ausland zu gehen, nicht ausreicht, um die Expansionsstrategie als reisetauglich einzustufen. Es empfiehlt sich, im Vorfeld - bevor Zeit, Geld und Nerven investiert werden - genau zu prüfen, welche Gründe für (oder gegen) eine Expansion ins Ausland sprechen.
Die Gründe für eine solche Entscheidung können in Push-Faktoren sowie in Pull-Faktoren begründet liegen.
Push-Faktoren: die Nachfrage im Heimatmarkt sinkt / der Wettbewerbsdruck steigt / wichtige Kunden befinden sich im Ausland (Follow your Customer-Ansatz) / Produkte sollen kundenindividuell und lokalisiert entwickelt werden (Customization) / es bestehen Local-Content-Auflagen.
Pull-Faktoren: die Nachfrage (auch international) von Produkt bzw. der Dienstleistung steigt / es bestehen Kostenvorteile im Ausland (z. B. geringere Lohn- und Personalkosten) / das Absatzrisiko soll gestreut werden (breitere Abnehmerstruktur) / es besteht Marktpotenzial und spezielles Know-how innerhalb des Unternehmens.
Die Erfahrung zeigt, dass Unternehmen, die ihre Expansion vor dem Hintergrund von Pull-Faktoren vornehmen, höhere Erfolgschancen haben als jene Firmen, deren Motive hauptsächlich durch Push-Faktoren getrieben sind.
Im Rahmen der Situationsanalyse sollten die nachstehenden Fragen berücksichtigt werden:
Liegen bereits Erfahrungen im Auslandsgeschäft vor?
Sind Produkte und Leistungen hinsichtlich Qualität, Verpackung oder Kundendienst tatsächlich exportfähig?
Sind freie Kapazitäten vorhanden und ist eine Produktionsausweitung möglich?
Welche finanziellen Mittel stehen für die Expansion ins Ausland zur Verfügung?
Sind ausreichende Mitarbeiter vorhanden und auch geeignet (Fachkenntnisse, Sprache, Motivation)?
Welche Absatzchancen sind mittel (langfristig) für die eigenen Produkte und Dienstleistungen zu erwarten?
Welche Märkte scheiden z. B. aus politischen oder geografischen Gründen aus?
Ist es der richtige Zeitpunkt für die Internationalisierung?

Wurde sich vor der Expansion ins Ausland ausreichend informiert über den Zielmarkt?
Aus Sicht deutscher Unternehmen wird der spanische Markt häufig als eher klein und unbedeutend wahrgenommen, was u.a. auf die unzureichende Vermarktung der Marke »Spanien« zurückzuführen ist und wohl auch der Grund dafür ist, dass sich viele Unternehmer und Unternehmerinnen, die nach Spanien kommen, nur unzureichend oder gar nicht über die Marktgegebenheiten vor Ort informieren. Vielmehr gehen sie davon aus, dass der spanische Markt genauso funktioniert wie ihr Heimatmarkt. Dem ist nicht so.
Bei einem Markteintritt in Spanien ist es essentiell, sich darüber im Klaren zu sein, dass unterschiedliche geografische, wirtschaftliche und kulturelle Marktgegebenheiten vorherrschen.
Ein Auszug der spanischen Gegebenheiten
Nach einer sorgfältigen Analyse der Gründe und der Definition der Ziele empfiehlt es sich, eine umfassende und detaillierte Markt-, Wettbewerbs- und Kundenanalyse durchzuführen, um die Chancen und Risiken abschätzen und eine an die lokalen Marktbedingungen angepasste Markteintrittsstrategie (Lokalisierung) entwickeln zu können. Es empfiehlt sich auch, Partner, die den Zielmarkt kennen und die Sprache sprechen, bereits im Vorfeld in den Prozess einzubeziehen.

Wurde im Rahmen der Expansion ins Ausland eine Marktanpassung vorgenommen?
Im digitalen Zeitalter nutzen viele Unternehmen das Internet, um kostengünstig neue Absatzmärkte erschließen zu wollen. Wie eine Recherche von AWANTGARDE ergeben hat, bieten viele Unternehmen auf ihren Webseiten nur eine englische Version als Zweitsprache an. Ist eine spanische Version vorhanden, wurde diese häufig mit Google Translate oder KI übersetzt. Diese Vorgehensweise wird von den Entscheidungsträgern als ausreichend angesehen, um ihre Produkte und Dienstleistungen zu präsentieren, ihre Botschaft zu vermitteln und neue Kundengruppen und Geschäftspartner anzusprechen. Darüber hinaus werden Verkaufskataloge, Werbeanzeigen (Ads) sowie Social Media Posts ausschließlich in Deutsch oder Englisch veröffentlicht.
Viele Unternehmen expandieren vor allem nach dem Motto "das klappt schon, der/die Praktikant/in wird es schon richten.
Auffällig ist auch, dass für die Kontaktaufnahme des Kunden mit dem Unternehmen (z.B. bei Fragen zu einem Produkt oder bei Problemen mit der Bestellung oder Lieferung) nur eine deutsche Telefonnummer angegeben ist. In den allermeisten Fällen besteht nur die Möglichkeit, über eine E-Mail-Adresse oder den Chat auf der Website mit dem Kundenservice in Kontakt zu treten, wobei die Kommunikation dann in deutscher (oder englischer) Sprache erfolgen muss.
Wenn Sie Ihre Inhalte lokalisieren, senden Sie eine klare Botschaft an Ihre Kunden: Sie legen Wert darauf, mit ihnen zu kommunizieren, verbessern die Kundenerfahrung und erhöhen die Anzahl der Leads.
Bei der Entscheidung für eine Expansion ins Ausland - in diesem Fall nach Spanien - empfiehlt es sich, sämtliche Geschäftsunterlagen wie Unternehmens-, Verkaufspräsentationen, Webseite, Online-Shop und Social-Media-Profile professionell und unter Berücksichtigung der kulturellen und sprachlichen Besonderheiten des Ziellandes in die Landessprache zu übersetzen und anzupassen (Lokalisierung). Darüber hinaus ist es von Vorteil, wenn im Unternehmen mindestens ein Ansprechpartner (am besten vor Ort) die Sprache des neuen Marktes beherrscht.

Die Positionierung nach der Expansion ins Ausland nicht ernst nehmen
Häufig werden die zeitlichen, finanziellen und personellen Anforderungen, die mit einer Expansion ins Ausland verbunden sind, von den Unternehmen falsch eingeschätzt. Dies kann dazu führen, dass die Expansion ins Ausland in Turbulenzen gerät und die gewünschten Ergebnisse ausbleiben. Ein weiteres Risiko besteht darin, dass das Engagement des Managements nachlässt und damit die Gesamtmotivation für das Projekt sinkt. In der Folge ist der Absturz vorprogrammiert.
Für eine erfolgreiche Positionierung im Zielmarkt empfiehlt sich eine kontinuierliche Marktbeobachtung sowie ein Monitoring des strategischen Planungs- und Umsetzungsprozesses. Auf diese Weise kann festgestellt werden, ob die definierten Ziele erreicht wurden oder ob eine Anpassung der Strategie erforderlich ist. Von Anfang an sollte darauf geachtet werden, dass eine gut funktionierende Kommunikationsebene mit allen Akteuren wie Partnern, Lieferanten und auch Mitarbeitern (natürlich in der richtigen Sprache) geschaffen wird.
In regelmäßigen Abständen durchgeführte Kundenbefragungen sind zum Beispiel eine effektive Methode, um die Übereinstimmung der Produkte und Dienstleistungen mit der Unternehmensbotschaft zu ermitteln und die Kundenzufriedenheit zu evaluieren. Diese Befragungen dienen auch dazu, etwaige Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren.

Schlußworte
Um Ihre Chancen auf Erfolg zu erhöhen, sollten Sie vor der Expansion ins Ausland eine genaue Analyse der eigenen Möglichkeiten und des neuen Zielmarktes durchführen und diese auch immer im Blick behalten. Berücksichtigen Sie dabei unbedingt die lokalen Marktbedingungen. Dies ermöglicht Ihnen eine bessere Einschätzung der Risiken, eine Schonung der Ressourcen, ein fundiertes Kennenlernen des Marktes und der Kundengruppe was wiederum eine gezielte Anpassung Ihrer Marketing- und Vertriebsstrategie ermöglicht.
Ein weiterer Vorteil einer solchen Vorgehensweise liegt in der Generierung von Vertrauen in die Marke bzw. das Unternehmen, der Ausdruck von Wertschätzung für den neuen Markt, der Abgrenzung zur Konkurrenz und der Schaffung eines hochwertigen Kundenservice. Der erste Eindruck trägt maßgeblich zum Erfolg bei.
Jeder Markt ist einzigartig!

Eine Expansion ins Ausland - und Spanien könnte ein Markt sein, aber Sie sind sich nicht sicher? Zögern Sie nicht und senden Sie uns eine E-Mail an info@awantgarde.com. Wir freuen uns auf Ihre Fragen!
Gender-Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Beitrag die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.
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